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entnommen: Mitteilungen 1/2000 der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft e.V., Seite 15/16Der Autor des Textes ist Dipl.-Met. Ulrich Otte, Kreuzstr. 12, 40882 Ratingen
Das Herkunftswörterbuch definiert
den Begriff des Experten folgendermaßen:
Experte
"Sachverständiger": Im 19.
Jh. nach frz. expert "erfahren, sachkundig"; aus lat. expertus
"erprobt, bewährt" entlehnt. Über das zugrunde liegende Verb
lat.
experiri "versuchen, erproben", vgl. Experiment.
Experiment
"(wissenschaftlicher) Versuch; (gewagtes)
Unternehmen": Im 17. Jh. aus lat. experimentum "Versuch, Probe;
Erfahrung" entlehnt. Zu lat. ex-periri "versuchen, erproben"
vgl. Experte.
Wesen und Aufgaben des Experten können auf dieser Grundlage wie folgt definiert werden: Während die Erkenntnisgewinnung Aufgabe des Forschers ist, erfolgt durch den Experten die Aufarbeitung der Erkenntnis zu Verfügungswissen. Der Experte bringt wissenschaftliche Erkenntnisse als Verfügungswissen in das öffentliche Bewußtsein und in die wissenschaftliche Politikberatung ein. Expertentum ist das Ergebnis langfristig erworbener Kompetenz.
An dieser Stelle soll nun der Versuch gemacht werden, die Definition pragmatisch am Beispiel der Verbindung von Meteorologie/Klimatologie und Öffentlichkeit zu illustrieren; denn gerade die verkürzte, dafür aber öffentlichkeitswirksame Darstellung in Berichten über Orkane und Klimaänderungen hat in letzter Zeit, nach Waldschäden und Dioxinen, erneut die Unsitte des Pseudoexpertentums aufblühen lassen.
Beispiel: Meteorologe als Experte
für Sturm-/Orkanentstehung und Klimaänderungen
Experte:
Ein Wissenschaftler mit jahrelanger
Erfahrung in seinem Fachbereich einschließlich des zur Diskussion
stehenden Problems. Seine Erfahrungen sollten durch Veröffentlichungen
in wissenschaftlichen Zeitschriften oder durch adäquate Arbeiten und
Aktivitäten dokumentiert sein.
Experte ist man in der Regel
nicht im gesamten Spektrum einer wissenschaftlichen Disziplin wie der Meteorologie,
Klimatologie oder der Physik, sondern in einem meist nicht allzu großen
Teilbereich davon.
Kein Experte im strengen
Sinn:
Solche "Pseudoexperten" wissen
alles,
haben rasche Antworten bei der Hand,
können auf alle Fragen antworten,
sprechen nie von Unsicherheiten.
Für die Öffentlichkeit
ist es nicht leicht, zwischen "echten" und "selbsternannten" Experten zu
unterscheiden. Häufig finden solche "Experten" gerne Beachtung, die
eine die Öffentlichkeit besonders interessierende Thematik mit einer
bestimmten Tendenz verfolgen. Für alle, die bemüht sind, zu wissenschaftlicher
Erkenntnis vorzudringen, oft ein jahrelanges Ringen, bei dem fast immer
Unsicherheiten und Unwägbarkeiten übrig bleiben, ist solches
Expertentum verständlicherweise ein Ärgernis:
In öffentlichen Diskussionen
ziehen sie - im Gegensatz zu den "Pseudoexperten" - meist den kürzeren,
da sie eben keine Patentlösung anbieten können und Unsicherheiten
einräumen müssen; kurz, sie können die Hoffnung der Öffentlichkeit
auf rasche, vollständige und risikolose Lösungen kaum befriedigen.
Zudem müssen sie zusehen, wie
die Öffentlichkeit einseitig, also verzerrt, und unzulässig simplifiziert
informiert wird. Das kann möglicherweise dazu führen, daß
Erkenntnisse und Urteile der echten Experten überstimmt werden.
Um diesem Mißstand zu begegnen,
genügt es nicht, aus einer Verteidigungsposition heraus auf Behauptungen
der "falschen" Experten zu reagieren - und das dann noch häufig hausbacken
und ungeschickt. Vielmehr müssen die "richtigen" Experten ihre Position
mit den Mitteln der modernen Medien offensiv vertreten. Wenn sie nicht
lernen, die Medien zum Zwecke der Kommunikation mit der Öffentlichkeit
zu akzeptieren und zu instrumentalisieren - und zwar so wie sie sind -
dann ist in der Tat in sehr naher Zukunft nicht mehr die Information sondern
die Art der Präsentation der dominierende Faktor.